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Read Ebook: Landesverein Sächsischer Heimatschutz — Mitteilungen Band XIII Heft 7-8 by Landesverein S Chsischer Heimatschutz Editor

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Ebook has 233 lines and 31653 words, and 5 pages

Dass die ?brige Behandlung der Steinkreuzfunde bei so unsicherer Grundlage keinen allzugrossen geschichtlichen Wert beanspruchen kann, mag nach einigen Beispielen beurteilt werden, die ich aus bekannten s?chsischen Gegenden w?hle, die aber nat?rlich auch anderw?rts zu erg?nzen w?ren. So ist folgendes zu lesen, S. 118: >>Nach den Denkmalen zu urteilen, begab sich das heilige Bruderpaar um den Cernoboh ?ber L?bau nach Bautzen.<< - S. 122: >>Zwischen Flins bei Bautzen und dem Heiligen See bei Kamenz fand ich zehn Steinkreuze, die von der liebevollen Aufnahme der heiligen Slawenapostel Zeugnis ablegen.<< - S. 126: >>Mit dem Steinkreuz in Arnsdorf und dem Steinkreuz vor Zittau ist die R?ckreise der heiligen Slawenapostel nach Welejrad angedeutet.<< - S. 130: >>Steinkreuze bezeichnen den apostolischen Weg des heiligen Methodius von Lebus nach Dresden.<< - Auf diese Weise w?rden sich auf der s?chsischen Steinkreuzkarte, die meinen ersten Ver?ffentlichungen in Heft 6 von 1914 beilag, die verschiedensten Missionsreisen im Zickzackkurs einzeichnen lassen.

Auch hinter viele Einzelschilderungen von Steinkreuzen muss man bei n?herer Pr?fung ein grosses Fragezeichen machen, denn neben erweislich unrichtigen Angaben wird manche Sage als geschichtliche Wahrheit aufgetischt, wenn sie sich dazu eignet, die >>beiden Zierden der Menschheit<< als Heidenbekehrer zu verherrlichen oder den Ruhm des Slawentums im allgemeinen zu mehren.

Nach alledem m?chte ich mein Urteil ?ber das P?icrylsche Buch, soweit es die Steinkreuzforschung betrifft, dahin zusammenfassen, dass es uns mit einigen Dutzend neuer m?hrischer Standorte - ohne n?here Beschreibung der Kreuze - fl?chtig bekannt macht, an der L?sung des Steinkreuzproblems aber genau in dem Masse irref?hrend und verwirrend beteiligt ist, wie seinerzeit die Helbigschen Aufs?tze.

Wenn man diese literarischen Ver?ffentlichungen des letzten Jahrzehntes also nochmals ?berblickt, so l?sst sich zwar erfreulicherweise eine wachsende T?tigkeit bei der ?rtlichen Aufsuchung der Steinkreuze feststellen, von nennenswerten Fortschritten bei der wissenschaftlichen Forschung und Deutung, ist mir aber nichts zur Kenntnis gekommen.

F?r die allgemeinere volkst?mliche Ausbreitung des Interesses an der alten germanischen Sitte, erschien es mir schliesslich schon fr?her bemerkenswert, dass das Steinkreuz in der darstellenden Kunst und der Literatur vielfach als charakteristisches Begleitst?ck deutscher Landschaft in phantasievoller Weise erw?hnt oder abgebildet wird. Zu den damals erw?hnten Proben liesse sich eine lange Reihe weiterer Beispiele bis herauf zu Liliencron und L?ns anf?hren.

Damit schliesse ich die textliche Darstellung meiner bisherigen Forschungen zur s?chsischen Steinkreuzkunde; neben weiteren Nachtr?gen hoffe ich, meine nach Tausenden z?hlenden Steinkreuzfeststellungen im ?brigen Europa auch einmal in schriftstellerischer Weise ver?ffentlichen zu k?nnen.

~a~) Nachtr?ge zu fr?her genannten Kreuzen

~b~) Neuentdeckte Kreuze

Abbildungen Nr. 1 bis 25 in Heft 6, Bd. IV, Nr. 26 bis 65 in Heft 1, Bd. V, Nr. 66 bis 77 in Heft 11, Bd. VI, Nr. 78 bis 101 im vorstehenden Heft

Fussnoten:

Vgl. Mitteilungen Bd. IV, Heft 6, S. 202.

Mitteilungen Bd. IV, Heft 6, S. 202.

Vgl. Mitteilungen X 4/6 S. 85.

Dresdner Lokalvisitation samt derselben Instruktion 10599/1539 Blatt 134 b.

Vgl. auch Mitteilung des Vereins f?r S?chsische Volkskunde 1899. Heft 12, Seite 11.

Nr. 25/1923, Verlag von C. F. M?ller, Karlsruhe.

Verlag von Heinrich Kirsch, vorm. Mechitharisten-Buchhandlung, Wien 1920.

Genauere Angaben und Photographien erbeten.

Aufnahme von Rittergutsbesitzer von Craushaar auf Jauernick.

Aufnahme von Werner Rosenm?ller, Hamburg.

Das Haus am Zirkelstein

Kennst du das Haus, mit Fleiss und M?hn Erbaut im frischen Waldesgr?n? Inmitten unsrer Felsenwelt Ist es gar lieblich hingestellt. Wo Vogelsang und Blumenduft Erf?llt die reine Bergesluft, Da steht erhellt vom Sonnenschein Die H?tte an dem Zirkelstein.

Die Verse sind nicht von Schiller oder von M?rike, sie sind ?berhaupt nicht dichterisch wertvoll; die Reime sind nicht neu und die Stimmung ist etwas sentimental, aber gut sind sie doch, denn sie spiegeln die Liebe einfacher Menschen zu einem Werk, das sie in gemeinsamer Arbeit geschaffen und dessen sie sich in gemeinsamer Freude freuen.

Als die Bewegung der Naturfreunde seit Beginn dieses Jahrhunderts lebhaft aufbl?hte, musste es nat?rlich ihre erste Sorge sein, f?r die zumeist minderbemittelten Mitglieder ?bernachtungsgelegenheit f?r Wanderungen und Heime zu schaffen. So erkl?rt es sich, dass jetzt weit ?ber hundert Naturfreundeh?user in allen Teilen der Welt vorhanden sind. Von diesen liegt die Mehrzahl in unsern deutschen Mittelgebirgen, im Schwarzwald wie im Taunus, im fr?nkischen Jura wie im Teutoburger Walde, im Erzgebirge wie in der S?chsischen Schweiz. Erst k?rzlich wurden hier dem Reichsfiskus am K?nigstein einige Pulverh?user abgemietet, die teils als Jugendherberge, teils als Naturfreundehaus dienen. Sie bieten Unterkunftsm?glichkeit f?r f?nfhundert Wanderer und wenn sie auch, da nicht zu dem jetzigen Zweck erbaut, kleine M?ngel inbezug auf Einrichtung und Aussehen aufweisen, so helfen sie doch gerade in dieser Gegend einem sehr brennend gewordenen Bed?rfnis ab.

Ganz andrer Art ist das >>Haus am Zirkelstein<<. Schon seine Lage unterscheidet es vorteilhaft von den eben genannten Unterkunftsh?usern. W?hrend sie nahe den Brennpunkten des Touristenverkehrs an nicht gerade ?berm?ssig landschaftlich bedeutsamer Stelle sich finden, liegt das Zirkelsteinhaus in dem Teil der S?chsischen Schweiz, der gl?cklicherweise noch nicht ?berlaufen ist, obwohl gerade hier eine F?lle sch?ner Landschaften aneinanderstossen. Im Osten begrenzen die beiden Zschirnsteine, die wie zwei Adlerfl?gel auseinanderstreben, die Ebenheit, auf der Wolfsberg, Kaiserkrone und Zirkelstein liegen. Der nach S?den schweifende Blick f?llt in den gewaltigen Elbka?on bei Niedergrund, den man am besten von den etwa eine Viertelstunde von der H?tte entfernten Sandsteinkl?tzen ?berblickt, die die M?ndung des romantischen Gelobtbachtals flankieren. Die Ostaussicht geh?rt zum Sch?nsten, was man ?berhaupt in einem deutschen Mittelgebirge sehen kann. Da steigt zur Linken des der H?tte gerade gegen?ber m?ndenden Kamnitztals das m?chtige buchengeschm?ckte Basaltmassiv des Grossen Winterbergs auf, an den sich im Norden die hier mehr wuchtig als grotesk wirkenden Schrammsteine, im S?den die Silber- und Fl?gelw?nde am Gabrielensteig anschliessen. Im S?den aber erheben sich die ganz anders gearteten Gipfel der b?hmischen Basalt- und Klingsteinvulkane, deren heitere Formenwelt den italienkranken Ludwig Richter von seiner Sehnsucht nach den Albaner Bergen zu heilen vermochte.

Infolge dieser gl?cklichen Lage kann die H?tte wochenlang als St?tzpunkt f?r die verschiedensten Wanderungen dienen. Aber sie erm?glicht es auch, das Haus jedesmal auf einem anderen und andersgearteten Wege zu erreichen. Selbst der Aufstieg von der nur zwanzig Minuten entfernten Bahnstation Sch?na bietet eine F?lle von pr?chtigen Eindr?cken. Nach wenigen Schritten von der zum Dorf Sch?na f?hrenden Strasse abbiegend steigen wir in einer Schlucht aufw?rts, von der immer neue Blicke sich ?ffnen auf die Klamm des Kamnitzbaches, das in ihr liegende Herrnskretschen und den Elbspiegel. Am Ende der Schlucht bringt uns ein scharfer Gel?ndeknick an den Hang eines diluvialen Elbtals, bis endlich bei einem neuen Wechsel der Neigung der Blick auf den Zirkelstein und die H?tte mit ihrem hellen Sandsteinunterbau, der warmen Holzverschalung und dem roten Ziegeldach f?llt. Aber nicht minder reizvoll ist der Weg von der Station Schmilka ?ber das Waldhufendorf Sch?na an der Kaiserkrone vor?ber und durch die Sch?naer Felder um den Zirkelstein herum, dessen Besteigung sich trotz seiner geringen H?he ebenso lohnt wie der seiner dreizackigen Nachbarin. Noch sch?ner ist's, wenn man die H?tte als Ziel einer Tageswanderung auf den Tagesplan setzen kann. Wer die belebten Gegenden nicht missen m?chte, wandert von K?nigstein ?ber Gohrisch und die dahinter gelegene Felsenregion nach dem h?bschen D?rfchen, nach dem der letztere genannt ist, besucht von hier aus die idyllische Liethenm?hle oder den aus der Mode gekommenen Kohlbornstein und erreicht dann Sch?na ?ber den Wolfsberg oder das langhingezogene und trotzdem durchaus nicht langweilige Reinhardsdorf. Ich bin im letzten Winter diesen Weg auch einmal mit Schneeschuhen gefahren und dabei auf meine Rechnung gekommen, zumal er eine Reihe f?r bescheidene Gem?ter sehr reizvoller Abfahrten einschliesst. Wie sch?n ist ferner der Weg durchs Krippental oder ?ber die Lasensteine zur R?lligm?hle und von dort ?ber den Kleinen nach dem Grossen Zschirnstein, dem h?chsten Berge der eigentlichen S?chsischen Schweiz, dessen Aussicht schon Schiffner 1840 mit folgenden Worten r?hmt: >>Im Norden ist die Aussicht durch den Berg selbst unterbrochen, ?brigens aber ein Panorama vom h?chsten Reichtum und wahrer Grossartigkeit, so dass es, abgesehen von der hier mangelnden Elbe, jenem des Winterbergs mindestens gleichsteht. Insbesondere stellt das Niederland sich hier deutlicher, der sichtbare Teil B?hmens sch?ner dar, und das Riesengebirge zeigt hier mehr H?hen als dort, unter welche jedoch nur der Irrtum auch die Schneekoppe gebracht hat.<< Recht niedlich und gl?cklicherweise auch f?r andere noch nicht von den ?blen Zeitgenossen entdeckte Aussichtspunkte passend ist der Satz, den er seiner Panoramabeschreibung hinzuf?gt: >>Obwohl nun der Berg bequem zu besteigen ist, so geschieht dies seitens der Schweizreisenden sehr selten, weil es diesem Panorama nicht nur an Wasser, sondern auch an Bier und Schnaps fehlt.<< Materialisten seien trotzdem darauf aufmerksam gemacht, dass bei meiner letzten Klassenwanderung nach dem Naturfreundehaus meine Wandergef?hrten so viele Maronenpilze auf dem Zschirnsteinplateau fanden, dass wir uns abends in der H?tte ein opulentes Mahl bereiten konnten, bei dem alle satt wurden, und wir ausserdem noch einen Rucksack voll mit nach Dresden brachten. - Selbst auf die Gefahr hin, dass ich einen oder den andern Leser das n?chste Mal auf einem meiner Lieblingsspazierg?nge treffe, will ich hier noch auf zwei sch?ne Wege hinweisen, die in Verbindung mit den Anmarschwegen zum Zirkelstein bequem mitzunehmen sind. Der eine ist der Rundgang um den Kleinen Zirkelstein, der nicht nur wieder eine ganz entz?ckende Aussicht besonders nach dem Erzgebirge zu bietet, sondern vor allem die Verwitterungserscheinungen des Sandsteins in un?bertrefflicher Weise zeigt. Die Zerfressenheit der W?nde durch Alaunausbl?hungen mag mit dazu beitragen, dass man hier im Sp?twinter Eisgebilde schauen kann, wie man sie in solcher Sch?nheit nur an einzelnen Stellen im Polenztalgebiet wiederfindet. Der andre sch?ne Zugangsweg ist der Grenzweg von Rosenthal nach Sch?na. Wer das Bed?rfnis hat, einmal stundenlang auf einsamen Waldwegen zu wandern, auf denen er h?chstens hier und da einen stillen Teich oder ein klares an bemooster Felswand hinfliessendes W?sserlein trifft, dem ist dieser Weg aufs w?rmste zu empfehlen. Allerdings kann die Einsamkeit auch ihre Nachteile haben. Wenigstens h?tten wir sonst etwas darum gegeben, wenn nach dem Schneefall am Ende des alten Jahrs auch nur ein Skil?ufer vor uns diese Strecke schon gefahren w?re. Dann h?tten wir nicht von zwei bis gegen sieben Uhr Schneepflug spielen und die sch?nsten Abfahrten tr?nenden Auges unsre Bretter hinabschieben m?ssen.

Doch die Zugangswege zur H?tte haben uns recht weit von ihr weg gef?hrt. Wir kehren also zum Zirkelstein und dem an seinem Fusse sich ausbreitenden auch den Naturfreunden geh?rigen Wald zur?ck, der an drei Seiten das Haus umgibt. Durch die Eingangspforte treten wir zun?chst in einen Vorraum ein, der zum Waschen und f?r die Kleider dient. Von dort gelangen wir in den ger?umigen Vorsaal, von dem aus es links in die K?che geht, wo der H?ttenwart und seine bessere H?lfte ihres Amtes warten, obwohl ihnen das, wenn gleichzeitig ein Dutzend andre Parteien sich um den mit allerhand T?pfen besetzten Herd dr?ngen, nicht immer leicht gemacht wird. Trotzdem ist's auf der Wandbank hinter dem grossen Tisch ausserordentlich gem?tlich. Das wissen andre Leute leider auch, und so bleibt meist nichts weiter ?brig, als uns in das kleine Zimmer zur?ckzuziehen, das ihm gegen?berliegt und mit sch?nen Steindrucken und einer ausgezeichneten B?cherei geschm?ckt ist. Das Muster eines l?ndlichen Festsaals stellt der grosse Raum dar, der das Haus nach Osten zu abschliesst. Mit kr?ftigen Farben und lustigen Spr?chen sind die Balken und Wandverkleidungen bedeckt, ohne irgendwie in altdeutschen Stil zu verfallen. Der sch?nste Schmuck des Saals ist aber zweifellos der Ofen, ein gem?tvolles Unget?m, zu dem man schwer seinesgleichen finden d?rfte. Aus diesem Saal treten wir hinaus auf eine von Quadersteinen eingefasste Plattform, wo sich an Ferien- und Sonntagabenden ein fr?hliches Leben bei Gesang und Gitarrenklang abspielt. Wer aber die Jugend bei Tanz und Spiel sehen will, der muss auf die grosse Wiese am Westrand des W?ldchens gehen, die statt der ?blichen Ballsaaldekoration die beiden Zschirnsteine und die untergehende Sonne als nie veraltenden B?hnenschmuck besitzt. Im ersten Stock liegen die Einzelzimmer und zwei Schlafs?le, in denen man vom Bett aus den Sonnenaufgang zwischen Kaltenberg und Rosenberg bewundern kann. Mehr ist von einer Sommerfrische wirklich nicht zu verlangen. Da auch der gesamte Boden noch voll Betten steht, ist es m?glich, bis an zweihundert Menschen in diesem sch?nen Hause, das auch elektrisches Licht und Wasserleitung besitzt, unterzubringen.

Wenn man bedenkt, dass der gr?sste Teil des Geschaffenen durch den Idealismus einiger weniger zum Teil in schwierigen Kriegszeiten entstand, in denen man oft Material und Werkzeug von Schandau bis hierher tragen und in dem notd?rftig ?berdachten Keller ?bernachten musste, so wird man das Haus mit noch ganz anderen Augen ansehen. Als Heimatsch?tzler aber wollen wir uns freuen, dass trotz diesen Schwierigkeiten hier ein Bau entstanden ist, der in die umgebende Landschaft passt wie selten einer. Auf vielen Fahrten in einem mehr als zwanzigj?hrigen Wanderleben habe ich kaum ein Haus gefunden, das den Anspr?chen, die man an ein Wander- und Erholungsheim stellen muss, so entspricht wie das Dresdner Naturfreundehaus. Um so befremdender wirkt es darum, wenn man immer wieder bekannte Wandrer und Wanderf?hrer findet, die sonst in der S?chsischen Schweiz und ihren Herbergen aufs beste Bescheid wissen, die diese Musterh?tte nicht kennen. Vielleicht regen diese Zeilen manchen dazu an, diese Unterlassungss?nde wieder gut zu machen. Den Naturfreunden aber, die zu Ferien- und Feiertagszeiten hier Freude und Erholung suchen, m?ge immer Verwirklichung des verheissungsvollen Worts erbl?hen, mit dem das am Anfang zitierte >>H?ttenlied<< schliesst:

Du wirst stets froh und gl?cklich sein In unserm Haus am Zirkelstein!

B?ume und Menschen

Ich liebe die B?ume. Ich habe sie schon immer geliebt. Ob sie dichtgeschart einer neben dem andern im Wald grosse Landfl?chen bergauf und bergab mit ihrem satten Dunkel bekleiden - ob ein grosser, mit seinen ?sten weitausgreifender Baum auf einem langen Bergesr?cken wie ein Wahrzeichen steht, auf Stadt und Land gleich einem Herrscher herabschaut und die Wanderer zu weiter Rundschau herauflockt - ob sie in langer Reihe links und rechts an der Landstrasse stehen, ihr weithin sichtbar das Geleite geben und sie von oben herab mit ihren zusammenstossenden Kronen beschatten - ob die beiden Pappeln wie zwei W?chter h?ben und dr?ben vor der Hofeinfahrt stehen und ?ber den First des Bauernhauses auf die Felder hinausschauen - ob sie in den langen Reihen des Obstgartens regelm?ssig ausgerichtet einer neben und hinter dem andern stehen.

Ich liebe die B?ume: ob sie im Winter kahl und schwarz dastehen, dass sie sich bis in ihre feinsten Zweige hinauf von dem grauen Himmel wie ein vielgestaltiges Gewebe abheben - ob sie sich im Lenz mit ihrem ersten helleuchtenden Gr?n leise schm?cken, als wenn sie den Winterschlaf abgesch?ttelt h?tten - mag dann im Sommer die Sonne in die vielen tausend Spiegelchen des Bl?tterdaches scheinen - und mag dann der Herbst sie aufleuchten lassen in Gelb und Braun und Rot wie ein Scheidegruss, ehe Sturm und Reif den Kehraus machen.

Ich liebe den Baum: ob die Pappel wie ein Ausrufezeichen in der Landschaft hoch und schlank hinaufw?chst und dem leichten Winde gehorchend hin- und herschwankt - ob nun die Eiche am Wegrand ihre gewaltige Laubkrone unbeweglich starr aufbaut, getragen von den dicken knorrigen ?sten, und andern Pflanzenwesen unter ihr Licht und Luft nimmt.

Ich liebe die B?ume. Nur wegen der reichen Form ihrer Erscheinung? Ich fragte mich, ich pr?fte mich: es muss noch etwas mehr, etwas andres als diese ?usserlichkeit sein, was mir den Baum so lieb und wert macht. Nicht gleich fand ich eine L?sung. Da f?gte es die Zeit. Von einer andern Seite kam ich her und fand, was mir Befriedigung gab. Ich kam vom Menschen her: die Gedanken ?ber den jungen Menschen, ?ber das reifende Kind f?hrten mich zum wachsenden und gewordenen Baum. Ich fand zwischen beiden Wesensverwandtes und ?hnlichkeit.

Das Kind w?chst nach einem inneren Gesetz heran und wird zu dem, wozu es werden kann und muss. Die Natur hat dem jungen Menschen allerhand Anlagen, stille Kr?fte gegeben, mit der F?higkeit und dem Streben, sich zu entfalten und in Erscheinung sich auszureifen. Manchmal hat die Natur in einen Menschen eine Anlage niedergelegt wie ein Geschenk, das sie nur selten hier und da von sich losl?st: mitten aus Armut und Niedrigkeit geht gleich einem Licht ein K?nstler, ein Denker, ein Erfinder, ein F?hrer der Menschheit auf: aus sich heraus geworden, allen Widerst?nden und Hemmungen zum Trotz, als ein Eigner aus Eigenem dastehend. Oft sind die Anlagen ein Niederschlag der Umgebung, eine Mitgabe von Vater und Mutter, eine Selbstverst?ndlichkeit von Familien?berlieferung und -eigent?mlichkeit. Das Kind atmet den Geist des Vaterhauses ein, und mit ihm w?chst es heran zu einem Menschen, der in den Spuren der Eltern mehr oder weniger weiter geht.

Zu diesem Aussichherauswachsen tritt von aussen heran die Erziehung, die Einwirkung durch Pers?nlichkeiten, die in sittlicher und geistiger Hinsicht dazu berufen sind. Die Erziehung kann darum kein Abrichten, kein zwangm?ssiges Einwirken nach einem vorgedachten Plane sein, kein Gestalten und Bilden zu einem von aussen her an das Kind herangebrachten Zweck. Erziehung kann nur den Sinn einer Hilfe haben, indem sie Hindernisse beiseite r?umt, den Weg bereitet, indem der Erzieher mit ihm geht und es sch?tzt vor Irrtum und Umweg.

Mitten in diese Gedankeng?nge schaute mir zum Fenster herein von weither die Babisnauer Pappel. Wie manchmal habe ich unter deinem Schatten gelegen und in deine Zweige hinaufgesonnen! Du bist so ein Eigner aus Eigenem, so gross und gewaltig, so breit und rund, so fest und gesund, so frei und selbst?ndig stehst du auf sch?ner H?he! Und du, meine liebe Pappel, du Stolz meines Gartens, kommst auch zu mir in meine Gedanken. Als ich dich vor zwanzig Jahren pflanzte, reichte ich mit der Hand an deine Spitze, jetzt ragst du hoch hinaus mit deinen schlanken beweglichen Gerten ?ber das Dach des Hauses. Aus dir ist geworden, was du im Kleinen schon warst und versprachst.

Und nun habe ich es gefunden. Auch ihr B?ume seid Wesen f?r sich, von Anfang bis zum Ende hin. Auch in euch ist ein Ziel gesetzt von Anfang an. Auch ihr seid belebte, zielstrebige, wollende und m?ssende Natur. Auch euch hat die Natur eine besondere Anlage mitgegeben und Kr?fte, die in dieser Richtung weiter sich entfalten, bis ihr das seid, was in euch ist. Und das werdet ihr ohne viel Erziehung, ohne viel Zutun von aussen her. Der Naturfreund pflanzte euch ins Erdreich, dorthin, wo er euch haben wollte. Er gab euch Licht und Luft, er trug euch Wasser an die Wurzel. Und dann ?berliess er euch eurem Werden. So wie ihr wurdet im Sonnenschein und im Regen, wie ihr Sturm und Ungewitter, Frost und Trockenheit trotztet: er hatte seine Freude daran. So seid ihr mir nun nicht bloss lieb und wert geworden durch euer vielgestaltiges und wechselndes ?usseres - ihr sprecht zu mir aus tiefem verinnerlichtem Sinn, als wenn auch ihr beseelt w?ret, als wenn auch in euch ein unsichtbarer Geist nach Verk?rperung sich gestaltete.

Doch was soll das hier? Der Ring schliesst sich f?r mich auch hier im Heimatschutz. Ihr Menschen m?sst auch diesen Sinn f?r den Baum erleben. Dann werdet ihr nicht so herzlos einem sch?nen Baum vor seiner Zeit mit Axt und S?ge das Ende bereiten. Ihr werdet ihn sch?tzen und zu erhalten suchen, wie es der nachdenkliche Jukundus im >>Verlorenen Lachen<< jenem alten stattlichen Eichbaum auf aussichtsreicher H?he angetan hat. Dann werdet ihr nicht mehr so gedankenlos einem Baum ?ste, Zweige und Bl?ten nehmen, dann werdet ihr ganz anders in seinem Schatten ruhen und den Platz an seinem Stamm in sch?ner Ordnung zur?cklassen. So gut wir einem lieben oder grossen Menschen zugetan sind, ihn ehren und uns mit ihm freuen: so wollen wir auch den Baum als ein St?ck im tiefern Sinn belebter Natur achten und ehren.

So sind wir auch von dieser Seite her zum Heimatschutz gekommen.

Herrnhut

Krieg und Revolution haben auch Herrnhut ihre Spuren aufgedr?ngt. Aber das st?rt nicht weiter; so wenig, wie die paar modernen Stadth?user zwischen den ehrw?rdigen grauen H?uschen. Autos rasen ?ber das holprige Pflaster der Staatsstrasse in der Richtung L?bau-Zittau zu, es gibt sogar Sommerg?ste in Herrnhut, was tut's? Einer stillen unber?hrten Insel gleich liegt es ruhig im >>brausenden Strom der Zeit<< und wer von seinem heilsamen Frieden kostete, der denkt sein mit Heimweh.

Hermann L?ns

Ein Lebensbild

Vortrag im Landesverein S?chsischer Heimatschutz am 12. Oktober 1923 im Vereinshaus

Ein wunderlicher Tag geht ?ber die alte Erde. Es schimmert in allen Farben und Stimmungen. Grau im Nebel und gr?mlich im Regen schleicht er dahin, and?chtig und still wandelt er ohne einen Lufthauch - mit wildem L?rmen und Heulen saust er im Winde daher, bis zuletzt alles gegen die Nachmittagsd?mmerung hin im sanften Regengeriesel einzuschlummern scheint.

Und was diese stille Stunde in mir geweckt und was ich aus seinen Werken gelesen, das will ich hier noch einmal - in kurzen Z?gen - entrollen, will doch auch der Landesverein S?chsischer Heimatschutz diesem edlen Mann in den Herzen seiner Mitglieder ein bleibendes Denkmal setzen.

Willst du den Dichter recht verstehn, Musst du in Dichters Lande gehn!

Man muss einen Dichter erleben, sonst hat man nichts von ihm.

Hermann L?ns, der Dichter, verdient es ganz besonders, ein Erlebnis zu sein. Nur so gewinnt man das richtige Verst?ndnis von ihm. Und das ist ja der Zweck meiner kurzen Worte und des heutigen ganzen Abends. Liebe zu ihm und seinen Werken soll erweckt werden und die W?rdigung, die er verdient.

Das aber soll gleich vorweg deutlich ausgesprochen werden: Hermann L?ns ist kein >>Jagdschriftsteller<<, als der er so gern abgezeichnet wird, er ist auch kein >>Heimatschriftsteller<< oder ein >>Heidedichter<<, sondern er ist einfach ein Mensch und ein Dichter, wie wir nicht viele gehabt haben und nicht viele haben.

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